Standortbestimmung und Feedback

Studierende lernen besser, wenn sie ein promptes Feedback zu ihren Lernfortschritten erhalten. Damit ist nicht Lob, Tadel oder Belohnung gemeint, sondern differenzierte Information zur erbrachten Leistung. Das schliesst auch die Analyse des Lernpfades mit ein, sowie die Bestimmung zielführender nächster Lernschritte. Bemerkenswert ist, dass informierendes Feedback zu den richtigen Antworten den Lernenden offenbar mehr bringt als penetrantes Betonen der Fehler. Die «Stärkung von Stärken» ― ein bekanntes psychologisches Prinzip mit der Bezeichnung Ressourcenorientierung ― ist deutlich wirksamer, als eine defizitorientierte Fehlerkultur. Durch differenziertes Feedback wird Lernen aus Fehlern möglich. Produktives Scheitern (productive failure; Kapur & Toh 2015) als Form einer konstruktiven Fehlerkultur ist eine empirisch gut untermauerte Lehrstrategie.

Regelmässige Standortbestimmungen als starker Wirkfaktor

Feedback ist nachweislich einer der stärksten Wirkfaktoren des Lernens (Hattie & Timperley, 2007; Shute 2008). Dabei soll nicht nur das Produkt fokussiert, sondern auch der Prozess dahin sowie die Selbstregulation der Lernenden zum Thema gemacht werden – im Idealfall nicht erst am Schluss, sondern als Begleitung zum Lernprozess (formativ). Wichtige Hilfsmittel hierzu sind Beurteilungsraster. Diese können nicht nur zur effizienten und fairen Schlussbewertung genutzt werden, sondern auch als hilfreiche Orientierungsrahmen für den Ist-Soll-Vergleich beispielsweise in Standortgesprächen bei Projekten etc. Dort wo Soll und Ist voneinander abweichen liegen die interessanten Diskussionspunkte, deren Klärung grosses Lernpotential enthält.

Förderung der Selbsteinschätzung

Regen Sie die Selbsteinschätzung an und lassen Sie die Studierenden auch selber ihre Lernfortschritte überprüfen. Auf diese Weise erkennen alle am besten, was noch zu tun ist. In Vorlesungen wurde vor der digitalen Zeitwende oft die Ampelmethode eingesetzt. Stellen Sie Fragen zum behandelten Stoff, z.B. aus der Vorwoche, und geben Sie drei oder vier Antworten vor. Durch Handaufhalten antworten die Studierenden, Dozierende gewinnen damit den Überblick über den Lernstand. Erläutern Sie anschliessend die richtigen Antworten und geben Sie den Studierenden im Saal damit Feedback. Gleichzeitig erkennen Sie anhand des Gesamtergebnisses, welches Thema noch nicht genügend gut verstanden wurde.

Classroom Assessment Techniques

In kleineren Seminargruppen sind die Classroom Assessment Techniques (CAT) von Angelo und Cross (1993) sehr beliebt. Mit dem One-Minute-Paper müssen die Lernenden z.B. in einer Minute eine Zusammenfassung der vorgängigen Lernsequenz schreiben, mit dem Muddiest Point schreiben sie auf Stichwortkarten, welche Inhalte noch am unklarsten sind. Das Wichtige an den CAT ist, dass Sie als Lehrende die anonymen Ergebnisse rasch auswerten und das Gesamtresultat mit der Gruppe besprechen.

Digitale Fühler

Mit heutigen digitalen Systemen können Selbsttests mit integriertem Feedback einfach realisiert werden, auch in Veranstaltungen mit vielen Teilnehmenden. Live-Abstimmungswerkzeuge (LiveVoting) werden z.B. oft eingesetzt, um gleich vor Ort die «digitalen Fühler» auszustrecken und Wissenslücken zu detektieren. LiveVoting ist anonym, wodurch die Hemmschwelle für Teilnehmende tiefer liegt. Zudem können die Abstimmungsergebnisse am Beamer direkt grafisch gezeigt und besprochen werden. Wichtig ist nämlich, dass das eigentliche Lernpotential vor allem in der Diskussion der Ergebnisse und den Auswertungsgesprächen zwischen Lehrenden und Lernenden liegt.
 

  • Immer wieder Fragen zum Stoff stellen, in Kleingruppen besprechen lassen (Murmelgruppen), die Ergebnisse und Erkenntnisse abrufen und in einen grösseren Zusammenhang stellen.
  • Für Seminargruppen (bis ca. 25 Teilnehmende) Methoden einsetzen, wie z.B. Muddiest Point (der unklarste Punkt), One-Sentence Summary oder One Minute Paper. Viele weitere Methoden finden sich in der Literatur (Angelo & Cross, 1993).
  • Live-Abstimmungen (LiveVoting) einsetzen, um mit gezielten Fragen zum Stoff auch bei Grossgruppen den Stand des Wissens zu eruieren.
    Wichtig: Das eigentliche Potential für den Lernerfolg liegt in der Diskussion der Ergebnisse, durch die die Teilnehmenden feststellen, warum eine Antwort falsch oder korrekt ist.
  • Bewertungsraster nicht nur zur Schlussbeurteilung, sondern auch lernprozessbegleitend nutzen.